Mangelnder Tierschutz wird abgestraft:
Keine Zustimmung zu Bundesministerin Klöckners Entwurf zur Tierschutz-Zirkusverordnung.
Hamburg, 25. Juni 2021 – Heute hat der Bundesrat über den Entwurf der Tierschutz-Zirkusverordnung entschieden und den Vorschlag von Ministerin Julia Klöckner abgelehnt. Die internationale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN befürwortet den Beschluss und fordert eine neue Verordnung, die ein umfassendes Verbot für alle Wildtiere im Zirkus beinhaltet.
Es kommentiert Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland:
„Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung die Tierschutz-Zirkusverordnung abgelehnt. Auch wenn es jetzt noch länger dauern wird, bis sich in Deutschland der Probleme im Zirkus angenommen wird, ist dieser Beschluss aus Tierschutzsicht nachvollziehbar und völlig richtig. Denn der Entwurf von Julia Klöckner war ein zahnloser Tiger und auch die Nachbesserungen in den Bundesratsausschüssen lösten die grundlegenden Defizite der Verordnung nicht. Es ist gut, dass die Haltung von Wildtieren in Zirkussen durch diese Verordnung nicht legitimiert wurde.
Die Liste der Tierarten, die verboten werden sollten, war weiterhin ungenügend. Zebras, Kängurus, Laufvögel, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine und viele weitere Arten dürften weiterhin gehalten, dressiert und zur Schau gestellt werden, obwohl sie genauso unter den Bedingungen in reisenden Zirkusbetrieben leiden.
Anstatt Abgabefristen für die bestehenden Tiere festzulegen, schrieb der Entwurf einen Bestandsschutz für die Wildtierhaltung fest. Kein Löwe, kein Elefant und auch kein anderes Tier, das momentan in den Zirkussen gehalten wird, hätte also von der neuen Regelung profitieren können. Und weil es auch an einem eindeutigen Nachzuchtverbot mangelt, hätte davon ausgegangen werden müssen, dass einige von den zu verbietenden Arten noch jahrzehntelang unter den fragwürdigen Dressuren und beengten Bedingungen im Zirkus hätten leiden müssen.
Nun wird es an der neuen Bundesregierung sein, nach der Wahl schnellstmöglich eine neue Verordnung zu präsentieren. Wie ernst es dem Gesetzgeber mit Tierschutz ist, wird sich daran messen lassen müssen, für wie viel Tierschutz er im Zirkus sorgt.“
Deutschland Schlusslicht in Sachen Tierschutz
In immerhin 23 der 27 EU-Mitgliedstaaten gelten Beschränkungen für den Einsatz von Wildtieren in Zirkussen. In einigen Ländern, wie Griechenland und Malta, dürfen überhaupt keine Tiere in der Manege auftreten. Nur in Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien gibt es keine nationalen Beschränkungen. In Deutschland reisen ca. 40 bis 50 Zirkusse immer noch mit Elefanten, Giraffen oder Löwen durchs Land. Jahrelang hat sich die Bundesregierung beharrlich geweigert, ein Wildtierverbot für Zirkusse auf den Weg zu bringen.
Gravierenden Tierschutzmissstände unterstreichen die Notwendigkeit eines Wildtierverbots für alle Wildtierarten in Zirkussen
Häufige, mitunter sehr lange Transporte, viel zu kleine und kaum strukturierte Gehege, fehlende oder falsche Vergesellschaftung sowie mangelnde artgerechte Beschäftigung machen es unmöglich, Wildtiere ihren Bedürfnissen entsprechend in Zirkussen zu halten. Aufgrund der unzureichenden Haltungsbedingungen und der ständigen direkten Interaktion mit Menschen entwickeln viele Wildtiere im Zirkus Verhaltensstörungen wie Stereotypien, Apathien oder Aggressionen, die häufig einen schlechten Gesundheitszustand, enormen Stress und eine hohe Sterblichkeitsrate zur Folge haben. Stereotypien treten im normalen Verhaltensrepertoire von Wildtieren im Freiland nicht auf, sondern ausschließlich bei der Tierhaltung in Menschenhand. Die Dressur der Tiere erfolgt oftmals mithilfe von Gewalt oder Zwang und beinhaltet völlig unphysiologische und potenziell gesundheitsschädliche Bewegungsabläufe wie beispielsweise der Kopfstand von Elefanten, oder Tiger, die auf den Hinterbeinen durch die Manege hüpfen müssen.
Die gemeinsame Stellungnahme des Tierschutzbündnisses zum Referentenentwurf einer Tierschutz-Zirkusverordnung (TierSchZirkV) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft finden Sie hier.
Weitere Informationen zu Wildtieren im Zirkus finden Sie hier.
Zur Petition gelangen Sie hier.
VIER PFOTEN ist eine international tätige Tierschutzorganisation mit Hauptsitz in Wien. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden gegründete Organisation hat das Ziel, Tieren in Not mit nachhaltigen Kampagnen und Projekten zu helfen. Grundlagen dafür sind wissenschaftliche Expertise, fundierte Recherchen sowie intensives nationales und internationales Lobbying. Der Fokus liegt auf Tieren, die unter direktem menschlichen Einfluss stehen: Streunerhunden und -katzen, Nutz-, Heim- und Wildtieren wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans aus nicht artgemäßer Haltung. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sorgt VIER PFOTEN für rasche und direkte Hilfe für Tiere in Not. www.vier-pfoten.de