Vorurteile gegenüber Füchsen
Warum hat der Fuchs noch immer einen schlechten Ruf? Was steckt dahinter?
Wir informieren über die bekanntesten Vorurteile und was wirklich dahintersteckt:
„Füchse übertragen Tollwut (Rabies)“
Der Fuchs wird häufig direkt mit dem Thema Tollwut in Verbindung gebracht. Aber ist die Angst, sich durch den Fuchs mit Tollwut zu infizieren, überhaupt gerechtfertigt?
Global betrachtet ist Tollwut nach wie vor eine ernst zu nehmende Erkrankung, an der laut Weltgesundheitsorganisation WHO jährlich etwa 55.000 Menschen sterben. Jedoch entfallen 95 % dieser Fälle auf Afrika und Asien! Auch in Zentral-Südamerika, auf dem Balkan und in der Türkei sind die Rabies-Viren nach wie vor verbreitet.
Deutschland gilt als tollwutfrei seit 2008!
In Deutschland hingegen wurde 2007 letztmalig eine Tollwutinfektion bei einem Menschen festgestellt. Doch auch dieser hatte sich nicht hierzulande, sondern nachweislich bei einem Urlaub in Marokko durch einen Hundebiss infiziert. Der letzte bekannte Tollwutfall bei einem Fuchs wurde in Deutschland im Jahr 2006 registriert.
Dank großangelegter Bekämpfungsmaßnahmen, insbesondere durch die Immunisierung von Füchsen mittels landesweit eingesetzten Impfködern, sowie das regelmäßige Impfen von Haustieren, gilt die klassische Wildtiertollwut in Deutschland seit 2008 als ausgerottet. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts besteht hier aktuell keine Gefahr, sich durch ein Wildtier direkt oder indirekt mit Tollwut zu infizieren. Demnach besteht auch keine Notwendigkeit für eine vorbeugende Schutzimpfung. Ausnahmen bilden Personen, die beispielsweise im Labor mit Rabies-Viren arbeiten oder aber solche, die Kontakt mit Fledermäusen haben. Fledermäuse könnten auch in Deutschland Überträger von Tollwut sein. Das Risiko ist allerdings äußerst gering. Europaweit wurden bislang 5 Fälle von Fledermaustollwut registriert.
Vorsicht bei Reisen in Risiko-Gebiete!
Vorsicht ist allerdings in jedem Fall geboten bei Reisen in Tollwut-Risiko-Länder (Afrika, Asien inkl. Russland, Balkanländer, Türkei) und insbesondere bei Kontakt mit Tieren in diesen Ländern. Hier sind Haustiere oder Streunertiere in den seltensten Fällen geimpft und auch beliebte Touristenaktivitäten, wie z.B. das Füttern wildlebender Affen, bergen ein hohes Risiko, gebissen zu werden und sich mit Krankheiten wie Tollwut zu infizieren. Bei längeren Aufenthalten in Risiko-Gebieten kann eine Schutzimpfung sinnvoll sein.
Europa, Australien, Nordamerika und große Teile von Süd-, Mittel- und Lateinamerika gelten als tollwutfrei.
„Füchse, die nicht scheu sind, sind krank!“
Immer wieder erreichen uns Anrufe von Leuten, die nach der Begegnung mit einem Fuchs, welcher beim Anblick eines Menschen nicht direkt panisch flieht, in Sorge geraten.
In den meisten Fällen ist die Sorge jedoch völlig unbegründet. Füchse sind Kulturfolger. Genau wie andere Wildtiere halten auch sie sich immer häufiger in menschlicher Nähe auf. Überall wo der Mensch dem Fuchs etwas Fressbares anbietet – ob absichtlich oder unabsichtlich – findet er leicht verfügbare Nahrung. Frei zugängliches Katzenfutter, Komposthaufen, Müllsäcke oder ähnliches – all das lockt ihn an. Teilweise werden Füchse auch von Anwohnern gezielt angefüttert, um die Tiere aus nächster Nähe im Garten beobachten zu können.
Bitte nicht füttern!
Allerdings ist davon dem Tier zuliebe dringend abzuraten. Füchse merken schnell, dass ihnen in der Nähe des Menschen keine Gefahr droht und in Siedlungen keiner Jagd auf sie macht. Sie verlieren zunehmend ihre natürliche Scheu. Dies wiederum führt häufig dazu, dass die Vermutung aufkommt, mit dem Fuchs „stimme etwas nicht“. Schnell befürchten sich Anwohner Gefahr durch Angriffe, Tollwut, Fuchsbandwurm oder sonstige Krankheiten. Letzten Endes werden Stimmen laut, der „auffällige“ Fuchs im Ort stelle ein Risiko für Mensch und Haustiere dar und er müsse gefangen oder gar erschossen werden…
Probleme dieser Art lassen sich vermeiden, indem man den Tieren keine besonderen Anreize dafür bietet, sich in menschlicher Nähe aufzuhalten. Das Anfüttern sollte grundsätzlich unterlassen werden. Und sollte man tatsächlich mal einem gesunden, neugierigen Fuchs auf der Straße begegnen, ist dies – gerade in ländlichen Gegenden in Waldnähe – keine Besonderheit.
Kranke Tiere erkennen!
Lediglich bei Füchsen, die auffällig krank aussehen, struppiges, teils kahles Fell oder schorfige Haut haben und womöglich mit Räude infiziert sind, ist ein Eingreifen notwendig. Solche Füchse haben wir bei TIERART in der Vergangenheit des Öfteren aufgenommen und behandelt.
„Füchse übertragen Fuchsbandwurm!“
Was versteht man unter dem Fuchsbandwurm?
Der kleine Fuchsbandwurm ist ein Endoparasit, dessen Endwirt der Fuchs ist. Im Dünndarm infizierter Individuen leben die erwachsenen Bandwürmer, deren Eier mit dem Fuchskot ausgeschieden werden. Als „Endwirt“ ist der Fuchs an den Parasiten angepasst und trägt auch bei recht starkem Befall kaum Schaden davon. Die ausgeschiedenen Eier werden von Zwischenwirten, meist Nagern wie etwa Mäusen, aufgenommen. Dort entwickeln sie sich zur Larve weiter und gelangen über die Blutbahn in Organe wie Leber oder Lunge, wo sie so genannte Finnen bilden. Der Zwischenwirt wird nach und nach immer mehr geschwächt und damit wiederum leichte Beute für Füchse oder andere Beutegreifer, die sich so mit dem Bandwurm infizieren. In dessen Organismus kann die Larve sich zum fertigen Bandwurm weiterentwickeln und erneut Eier ausscheiden. Der Kreislauf beginnt von vorne.
Der Mensch stellt für den Fuchsbandwurm einen so genannten „Fehlwirt“ dar, da der Kreislauf praktisch „blind“ endet. Der Kreislauf wird nicht fortgesetzt, da der Parasit von hier aus nicht weiter in den Endwirt gelangen kann (Füchse fressen ja schließlich keine Menschen…). Eine Infektion richtet unbehandelt massiven Schaden an. Das Krankheitsbild wird als „Echinokokkose“ bezeichnet.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, an Echinokokkose zu erkranken?
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts infizieren sich bundesweit etwa 30 Personen pro Jahr – das sind weit weniger als jährlich beispielsweise durch Blitzschlag zu Schaden kommen. Dies verdeutlicht, dass das Risiko, sich in Deutschland mit Fuchsbandwurm zu infizieren, äußerst gering ist. Des Weiteren entfallen Untersuchungen zufolge die meisten Krankheitsfälle auf Risikogruppen. So haben beispielsweise Personen, die in der Landwirtschaft, im Forstsektor oder Jagdbereich tätig sind, ein höheres Risiko. Sie sind häufig in Kontakt mit aufgewirbeltem Staub, in dem potenziell Eier des Fuchsbandwurms enthalten sein können, oder toten Tieren. Dennoch zählt die Infektion mit dem Fuchsbandwurm beim Menschen zu den seltensten Parasitosen Europas. Eine Infektion kann nur durch orale Aufnahme von Bandwurmeiern erfolgen. Dies lässt sich durch einfache Hygienemaßnahmen verhindern. Nach dem Kontakt mit Erde, z.B. durch Gartenarbeit oder das Sammeln von Pilzen, oder nach Kontakt mit Tieren, sollten die Hände gründlich gewaschen werden. Haustiere, insbesondere solche, die Mäuse fressen (Maus = Zwischenwirt), sollten selbstverständlich regelmäßig entwurmt werden. Auch sollte man Obst und Gemüse vor dem Verzehr unter fließendem Wasser reinigen. Wer Nahrungsmittel außerdem auf 60°C erhitzt, tötet damit zuverlässig Bandwurmeier ab.
Kann ich mich durch das Sammeln und den Verzehr von Pilzen und Waldbeeren infizieren?
Die weit verbreitete Meinung, dass insbesondere der Verzehr von ungewaschenen Beeren und Pilzen leicht zu Infektionen mit Fuchsbandwurm führen kann, wird von Experten mittlerweile bezweifelt. Es ist kein Fall bekannt, bei dem ein Echinokokkose-Patient sich nachweislich auf diesem Wege angesteckt hat. Bei genauerer Betrachtung ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Waldbeeren mit Fuchskot kontaminiert sind (dies ist Voraussetzung für ein mögliches Infektionsrisiko), äußerst gering. Füchse haben keinen besonderen Grund, explizit auf Früchte zu koten, zumal die Sträucher meist Dornen aufweisen und die Angelegenheit für den Fuchs eher unangenehm machen würden… Experten gehen außerdem davon aus, dass die einmalige Aufnahme von Bandwurmeiern nicht zwingend eine Infektion auslöst, sondern das Risiko erst bei wiederholtem Kontakt ansteigt.
Kann mein Hund sich durch Füchse in der Umgebung anstecken?
Wenn Füchse in Siedlungen auftauchen entsteht leider häufig schnell die Sorge, dieser könne Krankheiten auf uns Menschen oder unsere Haustiere übertragen. Die Übertragung des Fuchsbandwurmes auf Füchse, sowie Hunde und Katzen, erfolgt jedoch ausschließlich über das Fressen infizierter Zwischenwirte. Endwirte (Füchse, Hunde…) können sich nicht durch Kontakt untereinander mit Stadien infizieren, die zu erwachsenen Bandwürmern heranwachsen können. Katzen, aber auch Hunde, können sich dennoch mit dem Fuchsbandwurm anstecken – nämlich durch den Verzehr infizierter Mäuse. Eine regelmäßige Entwurmung mit einem passenden Wurmmittel, sowie Hygiene im täglichen Umgang mit dem Haustier, sollte selbstverständlich sein.
Auch wenn der Fuchsbandwurm vielen Menschen direkt in den Sinn kommt, wenn sie einen Fuchs sehen, ist die Gefahr einer Ansteckung verschwindend gering.
„Räudige Füchse sind hochansteckend!“
Vermutlich kennt jeder den Ausdruck „räudiger Fuchs“. Doch was genau versteht man eigentlich darunter? Und in wieweit ist Räude eine Gefahr für Haustiere oder Menschen?
Was ist Räude?
Bei Räude handelt es sich um eine Hauterkrankung, die Säugetiere und Vögel befallen kann. Ausgelöst wird sie durch Parasiten, genauer gesagt durch Sarcoptesmilben (Sarcoptes scabiei). Die weiblichen Grabmilben bohren Kanäle in die Oberhaut, in denen sie Kot und Eier ablegen. Dies führt beim Wirtstier zu einer allergischen Reaktion und der Entstehung heftig juckender Pusteln, die sich durch das Aufkratzen schnell entzünden können. Im weiteren Verlauf verlieren infizierte Tiere zunehmend Fell und die Haut erscheint gerötet, verkrustet und schuppig. Im Finalstadium sind häufig einzelne Körperteile, wie z.B. Ohren, Augenpartie, Hinterteil und Schwanz, oder aber nahezu der ganze Körper nackt. Unbehandelt führt Räude bei Füchsen und anderen Hundeartigen oft innerhalb von 3 Monaten zum Tode. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Krankheit abheilt oder ohne Symptome fortbesteht. Man nimmt an, dass solche Fuchspopulationen sich an den Parasiten angepasst oder Resistenzen entwickelt haben.
Kann mein Haustier sich anstecken?
Die Krankheit ist zwar hoch ansteckend, allerdings nur durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren übertragbar. Hunde könnten sich also beispielsweise durch körperlichen Kontakt mit befallenen Füchsen oder Fuchsbauen anstecken. Die Milben können bei günstigen Bedingungen zwar bis zu 3 Wochen in Hautresten überleben, jedoch ist die Gefahr einer Infektion über die Umgebung äußerst gering. Sollte es dennoch zur Erkrankung kommen, so gibt es zuverlässige Präparate zur Behandlung (z.B. Stronghold oder Advocate), welche schon nach einmaliger Anwendung die Parasiten abtöten.
Ist Räude auf den Menschen übertragbar?
Die Räudemilbe ist sehr wirtsspezifisch. Der Mensch stellt für den Erreger einen Fehlwirt dar – die Milben können sich hier nicht fortpflanzen. Trotzdem kann es durch den Kontakt zu infizierten (Haus-)Tieren zu einer juckenden Hauterkrankung, der so genannten Pseudokrätze, kommen. Falls keine ständige Neuinfektion stattfindet, heilt diese auch ohne Behandlung innerhalb von 2 Wochen ab.
Wie erkenne ich einen infizierten Fuchs?
Neben den oben genannten Symptomen wie kahle, schuppige Hautpartien und häufiges intensives Kratzen, zeigen an Räude erkrankte Tiere häufig auch Verhaltensauffälligkeiten. Nicht selten streifen sie tagsüber ziellos umher und legen jegliche Scheu vor dem Menschen ab. Außerdem magern sie deutlich ab, sind dehydriert und haben entzündete Augen. In der Vergangenheit wurden uns immer wieder Fälle gemeldet, in denen erkrankte Füchse im Endstadium Unterschlupf in direkter menschlicher Nähe gesucht haben. In verlassenen Hühnerställen, im Strohlager des Pferdestalls oder in Gartenhäusern entdeckten Anwohner die kranken Tiere, die auch bei Annäherung keine Tendenz zum Weglaufen zeigten. Gerade in geschlossenen Räumen fällt des Weiteren ein typischer, sehr unangenehmer Geruch auf.
Doch VORSICHT: Zutraulichkeit allein ist kein Zeichen für Krankheit! Insbesondere junge Füchse trauen sich aus Neugierde häufig sehr nah an Menschen heran. Aber auch erwachsene Tiere in Siedlungen oder Städten sind an die Präsenz von Menschen gewöhnt und haben diese nie als Feind kennengelernt, da dort selbstverständlich keine Bejagung stattfindet.